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So schrieb Peucerus, Melanchtons Schwiegersohn, ein gelehrter und berühmter Mann im 16ten Jahrhundert, von der Gewalt des Teufels. Dis hat einem Papistischen Gelehrten, dem D. Ioseph Maria Marauiglia öffentlichen Professor der Sittenlehre auf der Universität Padua im 17ten Jahrhundert dergestalt gefallen, daß er es wörtlich abgeschrieben und in seiner Pseudomantia veterum et recentiorum explosa als seine eigene und reine Catholische Lehre von der Macht des Teufels hat drucken lassen. Dis Buch ist auch, nach genauer Censur eines Praepositi generalis und zweyer Professorum Theologiae approbiret und alles was aus Peuceri commentario abgeschrieben worden ist, zu Venedig 1672 als reine Catholische Lehre dem Druck übergeben. Merkwürdig ist es, daß der vortrefliche D. Hauber, der im 5ten Stück des ersten Theils seiner Bibliothecae Magicae p. 319 das Werk des Marauiglia recensiret, bey den Auszügen, aus der 10ten diss, de fide adhibenda diuinationibus ex Daemone, gerade auf solche Stellen gefallen ist, die aus

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Peuceri wörtlich abgeschrieben sind. Hauber schliesset seinen Auszug mit folgenden Worten:
"Ich habe zwar noch mehrere von den Dissertation, desgleichen einige von den Animaduersionen hier ausziehen wollen, gleichwie ich aber bereits müde bin über dem Auszug dieser einigen, welche doch noch nicht halb zu Ende ist, und daß die herrlichen Werke GOttes, daraus wir ihn und seine Macht Güte und Ernst erkennen sollen, so schändlich dem Teufel zugeschrieben werden: also denke ich auch daß die Leser bereits genug haben, und zur Probe von diesem armseligen Werk mehr nicht verlangen, sondern aus dem bisher angeführten (und das sind lauter Stellen die wörtlich im Peucer stehen und oben aus demselben übersetzet sind) zur Gnüge ersehen werden, daß der Autor noch also im schändlichsten und schädlichsten Aberglauben versunken sey, daß wenn er auch alle übrige mit seinem Buch aus der Welt jagen könte, solche doch gar wenig dadurch gebessert seyn würde, sondern in dem Schlam und Pfuhl des erstern ersticken müste".
Es ist weniger zu bewundern, daß der gelehrte D. Hauber mit der abergläubischen Vorstellung der grossen Macht des Teufels nicht so zufrieden ist wie Maraviglia und seine Censores, als daß er es nicht bemerket hat, daß Peucerus wörtlich abgeschrieben worden, ohnerachtet er im drittm Bande seiner Bibliothecae Magicae im 34. und 35 Stück auch Peuceri Commentarium ausführlich recensiret und versichert hat, daß er das gan-

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ze Buch mit Fleiß durchgenommen. Er bemerket p. 692 nur überhaupt, daß die Scribenten, welche nach Peuceri Zeit von dieser Materie geschrieben, sich des von ihm gesammelten Vorraths bedienet, und daß man versichert seyn könne, die Exempel aus der alten Welt, welche so oft nachgeschrieben sind, seyn aus Peucero de diuinatione als aus einem Promtuario genommen. Vielleicht schämte er sich, so grobe und ungeheure Beschreibungen der Macht des Satans aus der Schrift eines berühmten und gelehrten Protestanten anzuführen und fand es schicklicher, selbige aus dem Papistischen Schriftsteller zu ziehen der sich nicht geschämet hatte, sie wörtlich abzuschreiben und mit Genehmigung seiner Obern für eigene Erkentnis und reine Catholische Wahrheit auszugeben. Daraus ist nun klar, daß die abergläubischen Vorstellungen von der grossen Macht des Satans im 17ten Jahrhunderte bey einigen gelehrten Papisten noch so grob als im 16ten Jahrhundert bey einem gelehrten Protestanten waren.


Plagiat:

Plagiatsquelle:


Anmerkungen

  1. Aufgedeckt wurde der plagiatorische Charakter von Maraviglias Schrift 114 Jahre später durch den evangelischen Theologen Johann Salomo Semler (1725-1791), der auf eine fälschliche Rezeption durch den ebenfalls evangelischen Theologen Eberhard David Hauber (1695-1765) hinwies, welcher in seiner Schrift Bibliotheca, acta et scripta magica. Gründliche Nachrichten und Urtheile von solchen Büchern und Handlungen, welche die Macht des Teufels in leiblichen Dingen betreffen, Lemgo 1738 (Digitalisat), das Plagiat des italienischen katholischen Bischofs Maraviglia an dem sächsischen Humanisten und Universalgelehrten Caspar Peucer nicht erkannt hatte.
  2. Die mit beißendem Spott unterlegten Ausführungen Semlers verdeutlichen exemplarisch, dass nicht nur damals das Plagiat bereits verpönt war, sondern sogar, dass die irrtümliche Rezeption eines Plagiats den wissenschaftlichen "GAU" für den Gelehrten darstellen kann.
  3. Auch vermitteln sie die Erkenntnis, dass bereits damals akribisch zitiert wurde: Semlers Seite 60 enthält ein ausführliches wörtliches Zitat Haubers, das vorbildlich nicht nur in Anführungszeichen eingeschlossen ist, sondern sogar jede Zeile des Zitats mit einem Anführungszeichen beginnt. In das Zitat fügte der Autor eine eigene Anmerkung ein, eingeschlossen in runde Klammern.

Übernahmen[]

- Übernahme von Quellenbelegen[]

Plagiat, S. 43:[]

Plagiat S

Original, S. 49 f.:[]

Original: Zitatliste

Original: Zitatliste, S

Anmerkungen:

Sechs Literaturzitate antiker Autoren – es handelt sich um Orakelsprüche – werden in Reihenfolge und mit den Übersetzungen Peucers wörtlich zitiert, die griechischen Originaltexte werden von Maraviglia jedoch weggelassen. Zwei weitere von Peucer genannte Orakel-Adressaten werden ohne Zitat angeführt.

Peucer zitiert

  1. Xenophon, Kyrupädie, 7.2.20
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Der Text Peucers wird paraphrasiert. Zwei weitere Literaturzitate werden – unzitiert – aus dem Original (S. 50) angeführt, bevor aus der Quelle (S. 51) großflächig weiter übernommen wird.

Bei der Quelle scheint es sich um eine spätere Ausgabe zu handeln, die Ausgabe von 1576 enthält noch keine Übersetzungen Peucers für die griechischen Originalzitate. Übersetzungen sind z.B vorhanden in der Frankfurter Ausgabe von 1593, die bei Google Books einnsehbar ist.


Plagiat, S. 44:[]

Plagiat: Übernahme einer Tempelinschrift

Original, S. 53:[]

Original: Tempelinschrift mit Übersetzung

Anmerkungen:

Direkte Fortsetzung der Übernahmen von Seite 43. Die Übersetzung des Pythia-Orakels wird wörtlich übernommen, der griech. Originaltext weggelassen. Die Übernahme wird  in einer Paraphrase der Originalquelle eingeleitet.

Peucer zitiert Claudius Aelianus, Varia Historia 3.43 (engl. Übers.: Stanley, 1665).

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